Bürgerbeteiligung: Same procedure as last year, Mr.Slawig!

Mit der Beschlussvorlage VO/0113/14 zieht die Stadtverwaltung Bilanz der Beteiligungsverfahren in 2013, nämlich der Beteiligung am Haushalt, am Strategieprozess Wuppertal 2025 und an der B7 Sperrung. Die Erkenntnisse der Stadt, die am 18. Februar im Finanz- und Beteiligungsausschuss vorgelegt werden, lauten: 
“3. Die Auswertung dieser Beteiligungsverfahren hat im Wesentlichen folgende grundsätzliche Erkenntnisse gebracht (auf eine Darstellung der erfolgten detaillierten Auswertung der einzelnen Beteiligungsprojekte wird an dieser Stelle verzichtet):
  • Bürgerbeteiligung muss sorgfältig terminlich und strategisch geplant werden.
  • Die Themen und Fragestellungen müssen möglichst konkret sein – je konkreter die Themen, desto aussichtsreicher eine breite Bürgerbeteiligung.
  • Es muss eindeutig differenziert werden zwischen Information auf der einen Seite und Dialog auf der anderen Seite.
  • Dies muss im Vorfeld auch transparent gemacht werden, damit keine falschen Erwartungen geweckt werden. Wenn Bürgerbeteiligung im Sinne vom interaktiven Dialog – also der Möglichkeit, Kommentare zu verfassen oder Vorschläge/Anregungen zu unterbreiten – angekündigt wird, so muss die Möglichkeit der Einflussnahme für die Bürgerinnen und Bürger auch glaubhaft gegeben sein.
  • Es ist wichtig, dass der Prozess der Beteiligung von Beginn an transparent ist; d. h., die konkrete Fragestellung und das Thema müssen eindeutig sein, die Formen der Beteiligung müssen klar sein, Rahmenbedingungen für die Auswertung bzw. Bewertung der Bürgerbeteiligung müssen bekannt sein und es muss deutlich gemacht werden, in welcher Form Rückmeldungen zu den Vorschlägen erfolgen und ab wann eine Veröffentlichung der Bürgerbeteiligungsprozesse vorgesehen ist.
    Denn: Nur Prozesstransparenz schafft auch Akzeptanz.
  • Je nach Thema und Fragestellung sind auch die Instrumente der Beteiligung auszuwählen und vorab festzulegen; häufig bietet sich eine Verzahnung von Online- und Vor-Ort-Beteiligung an.”

Das liest sich beim ersten Lesen außerordentlich banal – und auch beim zweiten Lesen wird es nicht besser. Dreht man die Erkenntnisse um, erkennt man, wie die Stadt die Bürgerbeteiligung durchgeführt hat: 
  • Es gab keine sorgfältige Terminierung und Planung. 
  • Information und Dialog wurden nicht ernst genommen
  • Es gab keine Kommunikationsstrategie (schon wieder nicht!), die Einflussnahme der Bürgerinnen und Bürger war nicht glaubhaft gegeben. 
  • Prozesstransparenz war für die Verwaltung ein Fremdwort. 
  • Instrumente der Beteiligung wurden nach Zufallsprinzip ausgewählt, jedenfalls nicht an Thema und Fragestellung angepasst. 

Wenn wir uns nun die Auswertung der letzten Bürgerbeteiligung im Jahr 2012 ansehen, was lesen wir dann? 

  • Es fehlten Informationsmöglichkeiten
  • Es fehlte an Beteiligung von Verwaltung und Politik.
  • Es wurde nur “das Nötigste” an Kommunikation geleistet. 
  • Es gab keine Prozessabstimmung zwischen Verwaltung und Politik 

Alles in allem gilt auch in diesem Jahr:

“Die Bürgerbeteiligung fand in der […] beschlossenen Haushaltssatzung somit keine Berücksichtigung.”

Same procedure as last year, Mr. Slawig! Da hat man schon eine ausführliche Studie und lernt nichts daraus. Das ist außerordentlich schade und war ein verlorenes Jahr.

Wie sind nun die Folgerungen der Verwaltung für die zukünftige Bürgerbeteiligung?

“Die Beteiligungsverfahren müssen in jedem Einzelfall sorgfältig vorbereitet, geplant und durchgeführt werden. Dabei sind folgende Aspekte zu beachten:

  • Festlegung der Ziele der Bürgerbeteiligung:
    • Was wollen wir mit dem Beteiligungsverfahren erreichen?
    • Welche Entscheidungsspielräume bestehen im Rahmen der Bürgerbeteiligung?
    • Wer entscheidet über die Berücksichtigung der eingegangenen Anregungen?
    • Welchen Nutzen erwarten wir für das anstehende Projekt/die Maßnahmen?
  • Festlegung des thematischen Rahmens der Beteiligung – also, um welches konkrete Thema/welche Fragestellung geht es?
  • Festlegung von Art, Umfang und Form des Beteiligungsverfahrens –
    • Beschreibung der konkreten Möglichkeiten, Anregungen und Vorschläge einzubringen; 
    • Abgrenzung zu reinen Informationen über ein Projekt;
    • Festlegung der zeitlichen Dauer des Beteiligungsverfahrens;
    • Festlegung, wie und in welcher Form Anregungen und Vorschläge möglich sind;
    • Klärung, ob und in welcher Form die jeweiligen Vorschläge öffentlich gemacht werden;
    • Klärung, wie das Bürgerbeteiligungsverfahren grundsätzlich mit Öffentlichkeitsarbeit begleitet wird.
  • Auswertung und Bewertung der Rückmeldungen: Festlegung, in welcher Form die einzelnen Vorschläge ausgewertet werden und in welcher Form die Bürgerinnen und Bürger ein Feedback auf ihre individuellen Vorschläge erhalten.
  • Klärung, wie die Öffentlichkeit über die Ergebnisse des gesamten Beteiligungsverfahrens informiert wird.
  • Ermittlung der entstehenden Kosten für das Beteiligungsverfahren und der entsprechenden Finanzierung

Dies bedeutet, dass zukünftig für jedes Beteiligungsverfahren unter Berücksichtigung der o. a. Rahmenbedingungen ein Gesamtkonzept erstellt werden muss. Dies wird vorab mit der Politik abgestimmt.”

Es bleibt die Hoffnung, dass die Verwaltung sich beim nächsten Beteiligungsprozess auch daran orientiert – darauf zu vertrauen fällt mir schwer.

Ergänzung (23:12 Uhr): Wie fandest Du die Bürgerbeteiligung am Haushalt 2013? Bewerte es hier:

Barometer Bürgerhaushalt