Bürgerbeteiligung: Ist die Stadt nur unfähig – oder berechnend?

Dieser Beitrag wurde am 26.09.2013 ergänzt. 
 
Zwei Vorschläge habe ich bei der
Bürgerbeteiligung zum Haushalt eingereicht. Über den einen, Lesern
dieses Blogs gut bekannten, will ich an dieser Stelle nicht sprechen.
Sondern über die Antwort zum anderen Vorschlag. Ich habe die
Einrichtung einer Dreck-Weg-App
nach Dresdner Vorbild vorgeschlagen. Damit könnte man z.B.
überquellende städtische Mülleimer einfach und bequem der AWG oder
den ESW melden. So sieht die Stellungnahme der Verwaltung aus:
“Die Stadt hat bereits ein
funktionsfähiges und leistungsfähiges (Melde-)System, nämlich die
Zentrale der AWG, die Hotline der ESW , das Umwelttelefon der Stadt
und ggf. die Zentrale der Stadt. Diese Systeme basieren auf dem
direkten Kontakt, und dies ist auch notwendig, da in aller Regel
Rückfragen (z. B: Art des Grundstücks (privat/öffentlich), gab es
eine Sperrmüllsammlung oder einen Sperrmüllsondertermin,
Wiederholungsfall, Verschmutzung seit wann, etc. …) notwendig sind.

Eine “schnelle Eingreiftruppe” zur Stadtsauberkeit
besteht darüber hinaus nicht – in aller Regel werden die regulären
Reinigungskräfte vor Ort die Meldungen abarbeiten.

Die
Dreck-Weg-APP stellt einen zusätzlichen, immer wichtiger werdenden
Kommunikationskanal für die Bürger mit der Verwaltung dar.
Technisch ist die APP bereits realisiert und soll mit der Version 2.0
der Wuppertal-APP erscheinen”

Dieser
kurze Text ist relativ aufschlussreich, wenn man sich fragt, wie die Stadt Wuppertal mit der Bürgerbeteiligung umgeht. Wie man sieht,
wird der Bürger auf der Plattform nicht direkt angesprochen, sondern
er erhält den gleichen Text wie die Stadtverordneten. Es gibt keinen
Dank, keine direkte Ansprache. Wenn man sich dem Inhaltlichen
zuwendet, erkennt man folgende (sich widersprechende) Aussagen:

  1. Wir sind bereits bestens aufgestellt, es braucht keine Verbesserung.
  2. Eine Verbesserung ist bereits realisiert. Der Vorschlag ist somit
    überflüssig.
Ich
weiß nicht, wie Dein Eindruck ist – ich fühle mich alles andere
als ernst genommen und wertgeschätzt.
Ziehen
wir einen anderen Vorschlag als Vergleich heran: Nr.
50
. Hier wird vorgeschlagen, auf dem Dach der Schwimmoper eine
Solaranlage einzurichten. Die Stellungnahme erklärt dazu:

Die Idee, auf der
Schwimmoper eine Solaranlage zu installieren, ist bereits vor Beginn
der Sanierungsphase geprüft worden. […] Die Berechnungen der
Dachstatik haben es gerade noch zugelassen eine erforderliche Dämmung
des Daches aufzubringen, weitere Dachlasten sind aber nicht mehr
möglich. Leider sind daher Solaranlagen auf diesem Dach auf keinen
Fall möglich. […]

Damit man rasch erkennt, wie die Verwaltung zu einem Vorschlag steht, hat man eine Ampel in die Plattform integriert. In diesem Fall zeigt sie grünes Licht. Wenn Du eine sinnvollere Erklärung dafür findest, würde ich mich über einen Kommentar freuen.

Doch zurück zum Vorschlag der Dreck-Weg-App: Interessanterweise steht der erste Teil der Stellungnahme bereits im Kommentar der Verwaltung aus der 1. Phase, der 2. Teil, der erklärt, dass die App bereits realisiert ist, wurde verheimlicht. Dieser Vorschlag von mir ist also bereits in der Umsetzung und bei der Bürgerbeteiligung unnütz. Wäre es da nicht sinnvoll, diesen Vorschlag aus der Bürgerbeteiligung rauszunehmen und einem anderen Vorschlag den Platz in der TOP 50 zu geben?

Prüft man nun, mit welcher Sorgfalt die Verwaltung die Vorschläge an die Stadtverordneten zur Beratung weiterreicht, so stößt man auf die Drucksache VO/0732/13. Hier werden die TOP 50 den Stadtverordneten in einem Dokument aufgelistet und mit einer Stellungnahme der Verwaltung kommentiert. So wird die Dreck-Weg-App und meine Beschreibung des Vorschlags (siehe Anlage 01, S. 9) den Stadtverordneten nahe gelegt:

In Dresden können Müllberge, Sperrmüllhaufen oder überfüllte Abfallcontainer per Smartphone-App (zusätzlich zum Telefon) gemeldet werden. Das entlastet die Fachämter (laut Zeitungsmeldung) und sorgt für eine schöneres, lebenswerteres Stadtbild. Es wäre auch einfacher Weg, um z.B. Nazi-Aufkleber im öffentlichen Raum schnell zu beseitigen. Wenn die Technik auch bei uns eingesetzt werden kann, sollte man die Lizenzkosten zahlen und so die Kommunikation zwischen Bürger + Verwaltung vereinfachen. Verweise: <a href=”http://www.lvzonline.de/nachrichten/mitteldeutschland/dreck-weg-app-startet-indresden– verschmutzungen-im-stadtgebiet-koennen-gemeldetwerden/ r-mitteldeutschland-a-179385.html” target=”_blank”>http://www.lvzonline. de/nachrichten/mitteldeutschland/dreck-weg-app-startet-indresden– verschmutzungen-im-stadtgebiet-koennen-gemeldetwerden/
r-mitteldeutschland-a-179385.html</a> , <a href=”http://www.dnn-online.de/dresden/web/dresdennachrichten/ detail/-/specific/Stadt-zieht-positive-Bilanz-der-
Dreckweg-App-997494514″ target=”_blank”>http://www.dnnonline. de/dresden/web/dresden-nachrichten/detail/-/specific/Stadtzieht- positive-Bilanz-der-Dreckweg-App-997494514</a> und <a href=”http://statistik-dresden.de/archives/7578″
target=”_blank”>http://statistik-dresden.de/archives/7578</a>

Man hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Links korrekt darzustellen – oder sogar für diejenigen Stadtverordneten, die mit dem PDF arbeiten, nutzbar zu machen. Wer sich informieren möchte, muss selbst in den HTML-Fetzen die Links identifizieren. Darüber hinaus fehlen in dem Dokument – bei allen Vorschlägen – die Kommentare  und Diskussionsbeiträge der anderen User (mit weiteren Anregungen und Widersprüchen) und das Abstimmungsergebnis.

(Update: Inzwischen hat man auf die Forderungen reagiert, die auf der Plattform (nicht von mir) eingebracht wurden, und ein neues, ausführliches Dokument für die Stadtverordneten erstellt. Das PDF kann hier abgerufen werden. Warum schafft es die Verwaltung nicht, so etwas selbstständig herzustellen?)

Die Bürgerbeteiligung wird durch die Verwaltung nicht moderiert, sondern gefiltert und gesteuert. Die Stadtverordneten erhalten – sofern sie sich auf das Rathaus verlassen – einen verfälschten Eindruck.

Herr Slawig bezeichnet die Bürgerbeteiligung gerne als Experiment und wenn Fehler auftauchen, entschuldigt er sich damit, dass man noch lerne. Ich frage mich im Moment, ob man im Rathaus wirklich so naiv, unmotiviert und unfähig ist – oder ob man sich nur unfähig und naiv stellt.

Siehe dazu auch folgenden Beitrag aus der ersten Beteiligungsphase: Solidarisches Bürgerticket bei der Bürgerbeteiligung: Verwaltung manipuliert Abstimmung

Hier findest Du alle TOP 50 Vorschläge und kannst diese, sowie den Haushaltsentwurf der Stadt, kommentieren: haushalt.wuppertal.de