Update: Ontopica hat einen eigenen Kurzbericht (PDF) zur ersten Phase online gestellt, sowie einen Kritikpunkt dieses Eintrags kommentiert. (s.u.) (10.7., 14 Uhr)
Die Bürgerbeteiligung bestand aus einer Online-Plattform unter www.buergerbeteiligung-wuppertal.de, in der Vorschläge eingegeben, kommentiert und bewertet werden konnten. Hierfür war eine Registrierung notwendig. Die Plattform war im Großen und Ganzen ganz brauchbar, allerdings gibt es noch Raum für Verbesserungen:
Es wäre gut, wenn man optisch erkennen könnte, welche Vorschläge man bereits bewertet hat und welche nicht.
Die Plattform könnte klarer und einfacher strukturiert werden.
In der mobilen Version konnte man sich nicht registrieren.
1500 Zeichen pro Vorschlag sind zu wenig, um komplexere Vorhaben adäquat darstellen zu können. Die Limitierung ist sinnlos.
Es fehlt eine Funktion, mit der man der Verwaltung (öffentlich) Fragen stellen kann, falls man z.B. Zusammenhänge erklärt haben möchte, um daraus einen Vorschlag zu entwickeln.
Eigene Beiträge können nachträglich nicht bearbeitet werden, um z.B. Fehler zu korrigieren.
Die Moderation durch Ontopica war aus meiner Sicht in Ordnung, auf Emails wurde schnell reagiert, Links in Beiträgen und Kommentaren zügig klickbar gemacht. Ein absolutes No-Go war die Änderung der Regeln für die TOP 50 Beiträge während des laufenden Verfahrens. Hier muss man vorher für Klarheit sorgen. (Ergänzung, 10.7., 13:50 Uhr: Ontopica kommentiert diese Kritik unter diesem Eintrag und erklärt, dass es sich nicht um eine Regeländerung, sondern Präzisierung handelt. Direkt zum Kommentar.)
Die Beteiligung
Da das Kompetenznetz Bürgerhaushalt auf Twitter (@bhh_wuppertal) eine Nutzungsstatistik geführt hat, basierend auf der offiziellen Zählung der Plattform, können wir die Resonanz nachvollziehen:
Entwicklung der angemeldeten Teilnehmer und der eingereichten Vorschläge.
Entwicklung der Bewertungen
Wie man den Grafiken entnehmen kann, nahm die Beteiligung der Bevölkerung zum Ende noch einmal deutlich zu, sodass die kurzfristige Verlängerung der Beteiligungsphase um eine Woche eine gute und richtige Entscheidung war. Ein deutlicher Anstieg nach dem WZ-Artikel zur Offline-Veranstaltung vom 26. Juni lässt darauf schließen, dass in der Kommunikation und Werbung noch deutlich Luft nach oben war. Ein Beleg dafür war die Veranstaltung selbst, die nur zehn Besucher fand. Da die Außenkommunikation einer der Hauptkritikpunkte der letztjährigen Bürgerbeteiligung war, muss man wohl konstatieren, dass hier versäumt wurde, aus den Fehlern zu lernen. (Auch die Ausrede mit knappen Haushaltsmittel ist eine ebensolche, wenn man sich von Uni, WSW und Sparkasse mal eben eine Bürgerbeteiligung in Höhe von 200.000 Euro zur Stadtentwicklung finanzieren lassen kann.) Unverständlich bleibt auch, warum man voll und ganz auf das Internet setzt und nicht versucht alle Bürger auch mit “Offline”-Veranstaltungen zu erreichen, z. B. vor Ort in jedem Stadtteil mit einer Präsenzveranstaltung.
Am Ende gab es 450 Teilnehmer und 160 Vorschläge, die den Kämmerer laut dessen Dankwort vor allem mit der Qualität überzeugten. Alle seien konstruktiv und begründet. Besonders interessant finde er die überraschenden Ansätze. (Zum gleichen Ergebnis kam übrigens auch die Analyse der letztjährigen Bürgerbeteiligung)
Die Informationen
Die Plattform verfügte auch über eine Seite, auf der der Haushalt und seine Posten vorgestellt wurden. Allerdings habe ich diese als eher unübersichtlich und unklar empfunden. Die konkreten Zahlen zu einzelnen Ausgabe- und Einnahmepunkten fanden sich nur im PDF zum Haushaltssanierungsplan 2012-2021 und zum Haushaltsplan 2012/2013, die für Laien doch eher schwer zu durchschauen sind. Hier wäre eine bessere Aufarbeitung und Präsentation von Nöten gewesen. Man darf nicht vergessen, dass ein Großteil der Bürger den Umgang mit diesen Dokumenten nicht gewöhnt ist, die zudem viel Zeit in Anspruch nehmen.
Der Dialog
Die Verwaltung hat sich an der Diskussion zu einzelnen Vorschlägen beteiligt und mit Informationen ausgeholfen. Leider waren die Kriterien, nach denen die Verwaltung reagiert hat, nicht klar. So wurde zum Beispiel bei meinem Vorschlag zur Dreck-Weg-App, der am 15.6 eingereicht wurde, erst am 4.7 kommentiert (und zwar mit dem Hinweis, dass man ja schon gut aufgestellt sei.). Eher zweifelhaft waren die Kommentare zu meinem Vorschlag zum Solidarischen Bürgerticket. Hier wurde die Rechtslage in meinen Augen falsch dargestellt, ebenso war die Auswahl des Beispiels für die Kostenberechnung im zweiten Power-Kommentar willkürlich und damit manipulativ. Die Beispielrechnung mit einem Grundsteuerhebesatz von 155 wurde nich plausibel begründet, zumal der Durchschnit in Wuppertal bei 114 liegt.
Schade war auch, dass nur ein Mitarbeiter für die Einpflegung der Kommentare der Verwaltung zuständig war, die von der jeweiligen Fachabteilung geschrieben wurde. Eine direkte Kommunikation ohne den umständlichen Weg wäre vielleicht schneller und effektiver gewesen.
Die Politik war bei der Bürgerbeteiligung wieder unsichtbar, es bleibt zu hoffen, dass sie diese diesmal aufmerksam verfolgt hat. Die Grünen haben nun angekündigt, die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung öffentlich zu beraten und jedem Bürger ein Feedback zu geben. Man suche jetzt nach einer geeigneten Veranstaltungsform.
Die TOP 50
Der Kämmerer hat von Anfang an angekündigt, dass die besten 50 Vorschläge mit einer Stellungnahme der Verwaltung in den Rat eingebracht werden. Das bedeutet,
dass 110 Vorschläge unberücksichtigt werden
dass zuletzt eingereicht Vorschläge keine Chance haben die TOP 50 zu erreichen
dass Vorschläge mit einem geringerem Zustimmungsverhältnis als +14 nicht berücksichtigt werden. Kontroverse Vorschläge haben es somit schwieriger, als “populistische” wie z.B. die Forderung nach Abschaffung von Dienstwagen, die keinem weh tun.
Daher ist die TOP50-Liste kein geeignetes Werkzeug, zumal auch Vorschläge mit einer hohen Ablehnung für die Politik von Interesse in Bezug auf die Meinung der Bürgerschaft sind.
Die Mikroprojekte
Mit der Bürgerbeteiligung wurde die Abstimmung über sogenannte Mikroprojekte verquickt, die von der Sparkassen bis zu 1.000 € bei einem Gesamtvolumen von 30.000 € bekommen konnten. Ziel war die Stärkung bürgerlichen Engagements. Eine gute Idee. Allerdings ist der Rahmen in meinen Augen der falsche, warum verquickt man das mit dem Haushalt? Kritisch kann man auch sehen, dass der Letztentscheid bei der Sparkasse liegt, die Abstimmung hat also eher beratende Funktion. Das Vertrauen in die Bürger ist wohl nicht all zu groß.
Abschließend kann man konstatieren, dass die Verwaltung leider bei einigen Punkten die gleichen Fehler macht wie letztes Jahr, mitunter entsteht auch der Eindruck, dass alles mit der heißen Nadel gestrickt wird. Dennoch hat sich die Bürgerbeteiligung zum Haushalt von einem sehr niedrigen Niveau kommend verbessert. Wir werden sehen, wie nun mit den Vorschlägen der Bürger umgegangen wird und wie die zweite Phase nach der Vorlage des Haushaltsentwurf gestaltet wird.