Ich fahre gerne Auto…

…denn es ist so herrlich unkompliziert. Man setzt sich rein, drückt das Kupplungspedal nach unten, dreht den Schlüssel, legt einen Gang ein und löst die Handbremse. Dann kann man fahren. Zu jeder Tag- und Nachtzeit. Zu fast jedem Ort. Auf asphaltierten und innerorts beleuchteten Straßen. Man kann auf Landstraßen mit 100 km/h durch die Nacht rasen. Unbegrenzt sogar auf einigen Autobahnen. Man fährt und fährt, bis der Sprit verbrannt ist und neben dem Vortrieb auch die Abgase erzeugt wurden. Dann muss man tanken. Und das war früher billiger. Danach kann man wieder fahren. Natürlich ist diese Unkompliziertheit nicht billig. Der Autofahrer zahlt:
  • Anschaffung des PKWs
  • Sprit (ohne Steuern)
  • Mehrwertsteuer
  • Ökosteuer
  • Mineralölsteuer
  • Versicherungsbeiträge für die Zwangshaftpflicht
  • KFZ-Steuer
  • Wartung
Wenn man das alles zusammenrechnet, kommt man, laut Auto-Motor-Sport auf Betriebskosten z.B. für einen BMW 320i von 31,18 €/Stunde. Ein Golf VW Golf 2.0 TDI kostet 25,43 €/h, ein Smart fortwo Coupé mhd 14,52 €/h. Da kann man gut verstehen, wenn man als Autofahrer der Meinung ist, das man sich ein teureres Vergnügen leistet und der Stadt gut genug daran verdient. Doch ist dem so? 

In diesen Tagen finden sich in den Zeitungen Artikel zu einer Studie des Dresdner Professors für Verkehrsökologie, Udo Becker, der dieser Ansicht widerspricht. Die externen Kosten des Autoverkehrs (Unfälle, Abgase, Lärm und Boden- und Wasserverschmutzung sowie Klimaschäden und die Kosten für die Fahrzeugherstellung und Entsorgung) kosten Deutschland 2.100 Euro pro Fahrzeug und Jahr. Dabei sind die Kosten für die Infrastruktur und die Staus nicht einmal mit eingerechnet, wie die ZEIT berichtet.Auftraggeber der Studie waren die Grünen im Europa-Parlament, erklärt die Welt. In Deutschland fallen laut der Studie bis zu 88 Milliarden Euro im Jahr an.
Derzeit zahlen Autofahrer über Mehrwert-, Kfz- und Mineralölsteuer
bereits rund 50 Milliarden Euro pro Jahr. In der Frankfurter Rundschau wird Becker wie folgt zitiert: „Heute lügen die Preise, und deshalb wird in der ganzen Gesellschaft
ineffizient entschieden. Deshalb haben wir so hohe Umwelt- und
Gesundheitskosten und Krankenkassenbeiträge, und deshalb haben wir
soviel Verkehr und soviel Stau.“
 In den Schlussfolgerungen der Studie heißt es:
(1) […] Dies ist eine beträchtliche Summe und sie führt zu einem Niveau der Autonutzung, das unter dem Gesichtspunkt der Gesellschaft betrachtet ineffizient ist. Weil „Andere“ für große Teile der Verkehrskosten bezahlen, nutzen Europäer das Auto zu häufig. [..]
(2) Die Ergebnisse dieser Studie zeigen deutlich, dass die häufig geäußerte Meinung, „dass Autos ihre gesamten internen und externen Kosten decken“ nicht aufrechterhalten werden kann. […] Gleichzeitig ist anzumerken, dass der Autoverkehr in der EU durch andere Personen und Regionen hoch subventioniert wird und dass dieser auch durch künftige Generationen subventioniert werden wird: Anwohner von Hauptverkehrsstraßen, Steuerzahler, ältere Menschen, die kein Auto besitzen, Nachbarländer und Kinder, Enkel und alle künftigen Generationen subventionieren den heutigen Verkehr. Sie müssen einen Teil der Rechnung bezahlen oder werden einen Teil der Rechnung bezahlen müssen.
(3) Diese Ergebnisse legen nahe, dass politisches Handeln dringend erforderlich ist. […]
(4) [..] Die Erhöhung der Nutzerpreise durch die Internalisierung der externen Kosten in die Verbraucherpreise bei einem gleichzeitigem Angebot von Alternativen zur Autonutzung kann zu einer substanziellen Verhaltensänderung führen – und dies kann die billigste Option sein. […]
(5) Technologische Maßnahmen […] konzentrieren sich in den meisten Fällen auf eine höhere Energieeffizienz und auf die Reduzierung von Treibhausgasen. Ihre Auswirkungen auf alle anderen Kostenkomponenten oder die externen Kosten sind geringer. […]
(6) Viele Prognosen bei Vermeidungskurven zur CO2-Minderung beruhen nur auf dem Einsatz neuer Technologien. […] Das Problem muss in Angriff genommen werden durch die Veränderung des Verkehrsmittelwahlverhaltens.
(PDF) Externe Autokosten in der EU-27. Überblick über existierende Studien
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) lässt diese Studie natürlich nicht unwidersprochen. “Andere Studien kämen zu wesentlich ‘und aus unserer Sicht
realistischen Kostenschätzungen’, teilte der VDA der “Berliner Zeitung”
mit. Das Institut der Deutschen Wirtschaft in Berlin gehe demnach von
externen Kosten in Höhe von 38 Milliarden pro Jahr in Deutschland aus”, so die WELT.
Auch wenn man über die Studie und die Berechnungen zu den Kosten von Lärm o.ä. geteilter Meinung sein kann, wirft sie doch die interessante Frage auf: Was kostet der Autoverkehr. Und was kostet er in Wuppertal?
Die Antwort: Wir wissen es nicht. Denn natürlich lassen sich die externen Kosten nicht so einfach auf Wuppertal umrechnen. Aber viel unerklärlicher ist, dass wir nicht wissen, wie viel die Stadt jedes Jahr für den Autoverkehr ausgibt. Die Kämmerei teilte mir bereits im September 2012 mit: 
“Leider lassen sich die Kosten des Motorisierten Individualverkehrs in
Wuppertal nicht beziffern, da diese im städtischen Haushalt nicht
ausgewiesen werden. Schätzungen liegen auf diesem Gebiet ebenfalls nicht
vor.”
Wäre es nicht sinnvoll zu wissen, was unsere tägliche Fahrt ins Büro, zum Einkaufen oder in den Supermarkt kostet? Wollen wir nicht wissen, ob sich unsere Investitionen in Kraftstoff, Blech, Elektronik und Gummi lohnen? Wollen wir nicht wissen, ob sich die Investitionen unserer Stadt in Asphalt, Beleuchtung, Begrünung, Ampelanlagen lohnt? Wollen wir nicht wissen, ob der Preis für die Unkompliziertheit des Autoverkehrs den Nutzen überwiegt?