Geht Fahrscheinloser Nahverkehr auch ohne den VRR?

Bei der kurzen Debatte mit dem AK Bergisch Energisch der Bergischen Grünen am 29.Juni 2012 kam die Frage auf, ob es die Umsetzung des Fahrscheinlosen Nahverkehrs auch ohne den VRR geht. Die Pressesprecherin des VRR beantwortet die Frage, inwiefern die Stadt Wuppertal / die WSW aus dem VRR austreten können, wie folgt: 
“[…], ob eine Stadt aus dem VRR austreten kann, beantwortet grundsätzlich das Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr in Nordrhein-Westfalen (ÖPNVG NRW). Hier ist geregelt, dass …

” (1) Zur gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung bilden die Kreise und kreisfreien Städte oder die bisher bestehenden Zweckverbände jeweils einen Zweckverband oder eine gemeinsame Anstalt gemäß § 5a in den folgenden Kooperationsräumen: a) Städte Bochum, Bottrop, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Hagen, Herne, Krefeld, Mönchengladbach, Mülheim a. d. Ruhr, Oberhausen, Remscheid, Solingen und Wuppertal sowie Kreise Ennepe-Ruhr-Kreis, Kleve, Mettmann, Recklinghausen, Rhein-Kreis Neuss, Viersen und Wesel …”

” (3) Dem Zweckverband ist die Entscheidung über die Planung, Organisation und Ausgestaltung des SPNV zu übertragen. Er hat in Abstimmung mit seinen Mitgliedern auf eine integrierte Verkehrsgestaltung im ÖPNV hinzuwirken, insbesondere auf die Fortentwicklung der bestehenden Gemeinschaftstarife, auf die Bildung kooperationsraumübergreifender Tarife mit dem Ziel eines landesweiten Tarifs, auf ein koordiniertes Verkehrsangebot im ÖPNV und einheitliche Beförderungsbedingungen, Produkt- und Qualitätsstandards, Fahrgastinformations- und Betriebssysteme und ein übergreifendes Marketing. Er hat darüber hinaus auf eine Ausgestaltung angemessener Kundenrechte durch Aufnahme von entsprechenden Regelungen in die Tarifbestimmungen des Gemeinschaftstarifs hinzuwirken.”

Das Gesetz (weitere Infos auch unter: http://www.mbv.nrw.de/verkehr/Bus_Bahn/oepnv_gesetz/index.php ) regelt darüber hinaus:

“1) Die Planung, Organisation und Ausgestaltung des ÖPNV ist eine Aufgabe der Kreise und kreisfreien Städte, sowie – mit Ausnahme des SPNV – von mittleren und großen kreisangehörigen Städten die ein eigenes ÖPNV-Unternehmen betreiben oder an einem solchen wesentlich beteiligt sind ….”

Die im VRR befindlichen ÖPNV-Unternehmen haben einen Kooperationsvertrag unterzeichnet, welcher u.a. die Zusammenarbeit, Aufgaben und Rollen regelt. Wenn ein Unternehmen diesen Vertrag kündigen würde, müsste der die Aufgaben eigenständig übernehmen.”

Auf die Frage nach der Kündigungsfrist des Kooperationsvertrags kam folgende Antwort:

“[D]ie allgemeine Kündigungsregelung – für kommunale Verkehrsunternehmen im VRR – des Verbundgrundvertrages ist mit einer Frist von einer Jahr zum Ende eines Kalenderjahres möglich, es besteht natürlich auch das Recht zur außerordentlichen Kündigung. An dieser Stelle möchte ich Sie nochmals kurz auf des ÖPNVG NRW verweisen, dass ein Hinwirken auf einheitliche und übergreifende Tarif vorsieht. “

Wir halten also fest: Die Planung, Organisation und Ausgestaltung des ÖPNV ist Aufgabe der Stadt Wuppertal. Der VRR, mit dem die WSW einen Koopertaionsvertrag geschlossen haben, ist für die Bestellung des Schienenverkehrs (SPNV) verantwortlich und wirkt als übergeordnete Einheit auf Tarifgestaltung und integrierte Verkehrsgestaltung. (Darunter könnte zum Beispiel der “kontrollierte” Vordereinstieg fallen, der zur Unattraktivität des ÖPNV beiträgt.) Er wacht über ein koordiniertes Verkehrsangebot (also vermutlich interkommunale Linien) einheitliche Beförderungsbedingungen, Produkt- und Qualitätsstandards,
Fahrgastinformations- und Betriebssysteme und ein übergreifendes
Marketing.
Das einzige fundamentale Problem zwischen der Idee des Fahrscheinlosen Nahverkehrs und dem VRR ist die Ausgestaltung der Tarifstruktur. Hier gibt es einen Interessenskonflikt – auch im Gesetz. Schließlich sind Stadt und VRR für die Ausgestaltung des ÖPNV zuständig. Theoretisch könnte der Verwaltungsrat VRR mit einfacher Mehrheit eine Erhöhung des Tarifs beschließen, die die Nutzung des ÖPNV in Wuppertal dramatisch beeinflusst. Der VRR und die WSW Mobil GmbH können den geschlossenen Kooperationsvertrag ändern und falls keine Einigung entsteht, kann er mit eine Frist von einem Jahr zum Ende des Kalenderjahres gekündigt werden – allerdings sieht das Gesetz dies nicht wirklich vor. Am Ende wird es im Streifall wohl ein Job für Juristen – oder den Landtag. Gesetze und Verträge kann man ändern. Auch hier gilt Bange mach gilt nicht!